Die Tragödie von Feen und Fuchsien
Im Herbst fallen die hängenden Feen zu Boden, vergraben sich über Winter, um warm zu haben. Im nächsten Jahr kommen sie dann zurück - in alter Form. |
Letztes Jahr schenkten mir Freunde zum Geburtstag eine Pflanze. Ihr Name war mir unbekannt, sie trug jedoch hübsche purpurrote Hängeblüten, die mich an Feen oder sowas erinnerten. Erstmals wahrgenommen hatte ich die Dinger in Irlands weitläufiger Wildnis. Meine Freunde hatten davon gehört und mir ein entsprechendes Exemplar aufgetrieben.
So weit so gut. Ich pflanzte das Teil in eine Ecke meiner Wiese und besuchte sie fortan an jedem trockenen Tag mit meiner Tochter. Wir nannten es schlicht Feenbaum. Für sie war klar: Da hängen Feen dran. Als der Herbst kam und die Blüten abfielen, erklärte ich meiner Tochter, dass die kleinen Feendingens im Herbst halt kalt hätten und deshalb zu Boden flögen, um sich ebendort einzugraben, wo es schön flauschig warm sei. Eine plausible Erklärung aus Sicht meiner Tochter. Eingraben. Flauschig. Warm. Logisch. Sie gab der einen oder anderen Fee ein Küsschen, wünschte ihr einen schönen Winter und so verabschiedeten wir uns zwischenzeitlich vom blühenden Strauch.
Dummerweise nahm der Winter kein Ende. Als im Mai nochmals Schnee fiel, begann ich ernsthaft um mein Strauchdingens zu bangen. Die dünnen Ästchen wirkten tot. Doch ich wollte ihr Ende nicht wahrhaben, also überliess ich die kargen Überreste der Pflanze ihrem Schicksal. Und das kam in Form meines Nachbarjungens.
Der ist ein wahrer Sonnenschein, hilfsbereit und freundlich. Für fünf Stutz mäht er mir beispielsweise den Rasen. Es trug sich nun zu, dass wir mit der Familie ins Tessin verreisten - für eine Woche. Dummerweise fiel in genau dieser Woche eine Runde Rasenmähen an, was mein Nachbarsjunge treuherzig ausführte. Und dabei unwissentlich die Überreste meines Pflänzchens umnietete. Ich dachte mir: Das wars dann wohl - und gab meinen Freunden den traurigen Bescheid. "Was, die Fuchsie ist tot? Herrje!", antworteten diese... Jetzt wusste ich wenigstens den Namen meines Pflänzchens. Besser posthum als gar nie.
Doch ich irrte mich. Das Pflänzchen rappelte sich im Frühsommer langsam aber sicher wieder auf. Es schlug aus und machte anständig Blätter. Im Spätsommer kamen dann auch die Blüten zurück, allerdings nicht sonderlich viele davon und allesamt versteckt. Kurz: Meine Fuchsie war bestenfalls ein Häufchen Elend. Aus meiner Sicht. Meine Tochter sah das anders. "Schau, Papa, die Feen sind zurück!", rief sie eines Tages. Und ich hatte gedacht, der Feenbaum sei längst vergessen. Ich wollte ihr daraufhin etwas von Fuchsie erzählen, Wissenschaft vermitteln und solchen Kram. Sie schaute mich bloss mit grossen Augen an und sagte: "Das ist ein Feenbaum, Papa."